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#35 - Brief vom 04.05.1878 Cuenca

Mit Bedauern habe ich den zwei letzten Briefen von meinen Brüdern Mathias und Chrisostomus gesehen, daß sie meine letzten Briefe vom 14. Juli 1877 nicht erhalten haben und glaube daher auch wohl, daß schon manche Unruhe über unser Befinden Euren Geist beschäftigte, während dem wir hier ganz ruhig und zufrieden leben.

Wie Ihr schon wisset, hat der Tod unseres guten Presidenten García Moreno den ganzen Ecuador in die tiefste Trauer und größte Elend versetzt. Nach ihm wurde ein Mann von hier aus Cuenca als President erwählt, welcher am 8. Dezember 1875 seine Stelle antrat. Er war ein Mann von Seiten der Liberalen, welcher sich mit beiden Parteien guthaben wollte. Auch gegen uns zeigte er sich ziemlich gut, gleich gab es Pressefreiheit, und rief die ärgsten Revolutionäre, welche vom vorhergehenden Presidenten verbannt waren, in das Land zurück und gab ihnen die höchsten Stellen. Einen von diesen Veintimilla mit Namen stellte er an als General-Kommandant in Guayaquil, welches die dritte größte Stadt auf dem Ecuador ist, Meereshafen und die wichtigste Stadt für das Militär.

Als dieser die besten Soldaten und Waffen in den Händen hatte, ließ er sich am 8. September 1876 in Guayaquil als President ausrufen und zog sogleich mit seinen Soldaten gegen Quito. Sowohl in Quito als auch hier in Cuenca suchte man alle Männer auf, was nur Waffen tragen konnte (selbst Kinder), um gegen diesen Feind zu ziehen. Alle anderen Provinzen aber blieben ruhig. In der Gegend bei Riobamba begegneten sich die beiden Heere, wo aber schon in den ersten Schlachten die Revolutionäre einen vollkommenen Sieg erlangten und ohne Widerstand bis nach Quito gehen konnten. Der rechtmäßige President fiel in ihre Hände, und wurde in die Verbannung geführt, wobei aber unterwegs angestellte Meuchelmörder ihn erwarteten, um ihn zu ermorden; alleine er wurde noch bei Zeit davon in Kenntnis gesetzt und konnte sich durch eine sehr lange und lebensgefährliche Flucht durch eine Wildnis das Leben retten.

Die Gesinnungen dieser neuen Regierung sind dieselben als jene der Camun (Comun?) in Paris, und in manchen Stücken wollen sie dieselben noch übertreffen. Allem Schlechten wurde volle Freiheit gestattet, und wen man als Gegner ansah, wurde in die Verbannung geführt. Allerdings haben die Guten, die noch immer sehr zahlreich sind, öfters Versuche gemacht, diese Regierung zu stürzen, aber jedesmal gingen die roten Revolutionäre ganz siegreich hervor, so daß sie jetzt die vollkommene Macht im Lande haben.

Alle Schuld dieser Revolutionäre wurde größtenteils immer den Bischöfen und Priestern zugeschrieben und diese von ihnen als die größten Revolutionäre im Lande angesehen. Daher meine lb. Geschwister könnt Ihr wohl sehen, daß wir in solchen Verhältnissen unser Hierbleiben noch keine Stunde Sicherheit hatten. Täglich erhob sich das Geschrei mehr und mehr, hinweg mit dem Pfaffenwesen, die Fremden aus dem Lande, Civil-Ehen und so weiter, und was noch nicht zur Ausführung gekommen ist, ist nur der Furcht von den Guten zuzuschreiben. Der Zweck und die Triebfeder allem diesem Unheil liegt zugrunde die vielen Abgaben und Bezahlungen, welche in solchen Revolutionen nicht gemildert werden .. (diese Zeilen überklebt und schlecht lesbar!) ... und alle diese hohen Herren wollen gut bezahlt und gut behandelt sein, und wer bezahlt dieses? Nicht ihre Kinder .... sondern der einzige Grund ist nur Freiheit zur Liederlichkeit, zum Morden, Rauben und Stehlen, um dieses dreht sich unsere ganze Geschichte. Und bei all diesem nennen sich unsere Revolutionäre die guten echten katholischen Christen, welche nach der Lehre Jesu Christi leben, und alle Andersgesinnten sind ...? Es ist nicht anzuhören, welche Lästerungen sie gegen Gott und Maria ausbreiten, gingen soweit, daß in Guayaquil sie aus einer Kirche das hl. Ciborium nahmen und spottweise mit unkonsekrierten Hostien die Kommunion austeilten. Gleich im Anfang ihrer Regierung wurde der Concordat mit dem Papste aufgehoben, den Bischöfen und Pristern unter Strafe verboten zu predigen oder zu schreiben in einem Stile, welcher dieser Freiheit zuwider ist u.s.w.

Dem hochwürdigen Erz-Bischof von Quito, welcher einen Hirtenbrief gegen sie schrieb, wurde am 30. März v. dem Karfreitag, am selben Tage wo Jesus sein Blut für unsere Sünden vergossen hat und dieser gute Oberhirte am hl. Altare Verzeihung und Gnade für seine Feinde erflehte, der Meßwein vergiftet und er trank aus dem hl. Kelche mit dem zeitlichen Tode das ewige Leben und fiel in derselben Stunde als Opfer dieser grausamen Revolution. Auch der Hochw. Bischon von Guayaquil, welcher unter ihren Händen war, starb; man sagt eines natürlichen, doch Gott weiß welchen Todes. Der Hochw. Bischof von Riobamba, welcher sowohl seinen Meuchelmördern als auch den Soldaten, welche ihn gefangennehmen wollten, durch heimliche Flucht entkam, schrieb als er aus dem Lande war in einem Hirtenbrief an seine verwaisten Gläubigen, daß ihn in Quayaquil ein zwar langsamer, aber sicherer Tod erwartet hätte. Auch sein Generalvikar und andere Priester wurden gefangen genommen und in die Verbannung geführt.

Der Hochw. Bischof von Locha (Loja), welchen die Soldaten in einer Nacht gefangen nehmen wollten, um ihn zum Presidenten der Republik nach Guayaquil zu führen, verkleidete sich im selben Zimmer, vor welcher Tür ihn die Soldaten erwarteten, und entfloh durch eine Nebentüre und entkam auf solche Weise ihren Händen. Nur unserem Hochw. Bischof in Cuenca, wo sowohl der Comandant als auch der Gobernador noch menschlicher sind, wurde bis jetzt noch ganz in Ruhe gelassen. Auch unsere beiden Häuser in Riobamba und hier in Cuenca hatten bis jetzt noch nicht das geringste zu leiden und wurden von ihnen immer noch mit größter Rücksicht behandelt.

Etwa vier Monate nach dem Tode unseres guten Erzbischofs ereignete sich in Quito, wo sich gerade der President befand, ein Volksaufstand gegen ihn, welcher aber in derselben Nacht unterdrückt wurde, worauf er befahl, daß zum Jubel seines Sieges alle Glocken der ganzen Stadt geläutet werden sollten. Alleine der Stellvertrer des dahingeschiedenen Erzbischofs verweigerte dieses und wurde mit mehreren anderen Priestern gefangen genommen, um sie in die Verbannung zu führen: zur Strafe solcher Gewalttaten aber legte der Stellvertreter des Erzbischofs den Indendiet auf die ganze Stadt und verbot, weder eine Kirche zu öffnen, noch eine Glocke zu läuten, noch das hl. Meßopfer darzubringen. Am selben Morgen aber, im selben Augenblicke als man ihn gefangen in die Verbannung führen wollte, erschallte ein solches Krachen in dem in der Nähe liegenden Bereiche Vulkan Codapaxi, welches bis am Nachmittage fortdauerte, so daß man glaubte, die ganze Welt wolle untergehen, und es regnete so viele schwarze Erde, daß der Tag in dunkle Finsternis verwandelt wurde. Die Leute unter solchem anhaltenden, fortdauernden krachenden Donnern sie .... ? verzweifelter Angst mit Laternen sich in die Kirchen zu flüchten, welche aber alle verschlossen waren, und unbeschreiblich war die Bestürzung und Verwirrung in der Stadt.

Unter diesen schrecklichen Ereignissen wurden alle gefangenen Priester freigelassen, oder verlassen, welche entflohen oder sich verbargen vor dem (nicht lesbar). Der Stellvertreter des Erzbischofs ist verborgen bis zum heutigen Tage. Dieses schreckliche Ereignis wurde von allen, sowohl Guten wie Schlechten, als eine offenbare Strafe Gottes angesehen, wie es aber die roten erklären, zur Strafe für die Widerspenstigkeit der Geistlichen und Blindheit des Volkes. Ja, teuerste Geschwister. Wir hier in Cuenca sind 80 Stunden von Quito entfernt, und doch hörten wir das Krachen so furchtbar, daß unsere ganze Stadt in große Verwirrung kam; es war hier wie wenn ein großes Kriegsheer ganz dicht vor der Stadt miteinander kämpfte, und mit schweren Kanonen in einer Schlacht begriffen wäre. Die hiesige Militär-Obrigkeit, welche ganz ihre Verfassung verlor, schickte Soldaten aus, um zu schauen, was war an der Stadt ... (unleserlich) Alleine, diese kehrten des Nachmittages wieder zurück und versicherten, daß, soweit sie auch gingen, sie keine Soldaten angetroffen haben.

Auch hier in Cuenca regnete es drei Tage lang schwarze Erde, welches Regnen sich bis an das Meer erstreckte. Dieser furchtbare Vulkan warf auch soviel Wasser an, daß er die ganze Umgebung mit Wasser überschüttete, so daß zu tausenden von Menschen das Leben verloren. Doch bei all diesem bekehrten sich die Schlechten nicht, sondern verhärteten sich nur noch mehr in ihrer Bosheit. Ja, lb. Geschwister, die Schlechten hier haben nicht nur die Bosheit der schlechten Europäer, sondern auch noch die Grausamkeit der Wilden. Daher sind auch ihre angenehmsten Spiele, Menschen spielen zu sehen mit wilden Tieren, und ergözen sich, wenn sie Blut fließen sehen. Ich kann mich nicht einlassen, Euch zu beschreiben, welche Grausamkeiten in unserem Nachbarlande Columbia ausgeführt werden, mit denen unsere Regierung Freundschaft geschlossen und ihre Gesetze zu den unsrigen machen möchte; die schon im vergangenen Jahre Priester und Religiöse vertrieben und sich zum Gesetz gemacht haben, selbe nach ihrem Belieben töten zu können. Es genügt, wenn ich Euch nur sage, daß sie jetzt in ihrer Friedenszeit, die Bessergesinnten genommen und sie als Besen gebrauchten für die Straßen zu kehren, bis diese unter solchen Martern den Geist aufgaben.

Ja, nur der Tag des Gerichtes wird aufzählen können all diese Greueltaten, Ungerechtigkeiten, Gotteslästerungen und Verfolgungen in unserer unglücken Gegend. Alles Volk auf dem Ecuador begehrte eine Kammer zur Versammlung, um diesen unwillkürlichenGreueln Schranken zu setzen, welche auch im Monat Februar d.J. zustande kam: doch die weitgrößere Zahl der Deputierten sind von Seite der Roten und somit wurden von der Kammer der ungerecht regierende President, General Veintimilla gesetzmäßig zum President erwählt. Und ungeachtet die meisten Deputierten von Seiten der Roten sind, so sind doch die Punkte über die Religion so ziemlich gut ausgefallen, so daß es dem Presidenten zur Pflicht gemacht wurde, die katholische Religion als Staatsreligion anzusehen und selbe nach seinen Kräften zu beschützen. Dieses gab uns für unser Hierbleiben auf neues wieder Hoffnung, wenn von solchen Menschen zu hoffen ist. Die Regierung unseres früheren ermordeten Presidenten nennt man hier die Regierung der Tyrannei, wohingegen die heutige (hiesige)? Regierung mit dem Namen der Freiheit und Brüderlichkeit betitelt ist.

Doch, dieses muß ein jeder (bezeugen), gestehen (diese Zeile kann kaum gelesen werden), daß unter der Regierung ................. Presidenten ein jeder ruhig und zufrieden unter seinem Dache sein Brot essen konnte, wohingegen jetzt unser ganzes Land in ein Tränental verwandelt ist, denn wie traurig ist es zu sehen, wie der ehrenhafte Mann auch ohne Grund oder Ursache verfolgt, gefangen oder in die Verbannung geführt. Andere in der Flucht oder in Höhlen verkrochen ihre Freiheit genießen; und wie viele Familien Müttern mit ihren Kindern brot- und selbst oft dachlos, arm und verlassen, ihr Schicksal beweinen, ohne zu reden von so vielen Mordtaten, Räuberei und Gewaltaten von so vielen besoffenen Ungeheuern, welche sie am weiblichen Geschlechte ausüben.

Ach daß es Euch nicht befremde, wenn Ihr vielleicht hie und da einen Artikel in einer Zeitung findet, daß unser President oder Regierung sich so schön für die Religion ausdrückte. in ... (dem) so schöne Versprechen mache, denn hier ist reden und handeln nicht dasselbe. Er antwortete selber, Eidschwüre kann man von ihm haben so viel man will. Der Hauptmann, welcher geschickt wurde, den Hochw. Bischof von Locha gefangen zu nehmen, versicherte demselben, unter Schwüren, daß er keinen solchen Auftrag habe, und wenn im Falle ein solcher gegeben werden sollte, er sich mit seiner ganzen Macht entgegen setzen würde, so daß der Hochw. Bischof nur über seinen Rücken aus der Stadt geführt werden könnte. Und doch wollte er ihn in derselben Stunde gefangen nehmen und wußte seiner Wut keine Schranken mehr zu setzen, als er sah, daß er ihm entkommen war. Und der President selbst, welcher mit dem Hochw. Bischof von Riobamba eine Unterredung hatte, machte ihm solche schönen Versprechen, daß der ganze Ecuador sich darüber freute, aber der Bischof konnte nur durch heimliche Flucht sich das Leben retten. Denn dieses ist hier überhaupt der hiesige Nationalcharakter, schön in das Gesicht zu sprechen und auf dem Rücken Spotten und verraten. Auch würdet Ihr Euch wundern, wenn Ihr sehen würdet, wie unsere Revolutionäre Skapulieren tragen, Rosenkränze am Halse hängen haben, (doch daß sie beichten gingen, davon hört man nichts). Denn hier ist es nicht wie in Europa, daß sie sich der Religion schämen, sondern alle wollen noch den Namen haben, gut katholische Christen zu sein.

Meine vielgeliebteste Geschwister und Verwandten! Gleich im Anfange dieser Revolution wurde uns aller Briefwechsel nach außen abgeschnitten und wir konnten weder Briefe scheiben, noch auch solche empfangen, und somit habe ich erst am 14. Juli 1877 durch eine Gelegenheit auf all Eure Briefe, welche Ihr mir im Monat Februar 1876 zu schicken die Güte hattet, einem jeden insbesondere durch einen besonderen Brief geantwortet; aber wie ich jetzt sehe, so ist keiner bis zu Euch gekommen. Ich bin Euch allen, die Ihr mir zu schreiben die Güte hattet, sehr erkenntlich und kann Euch sagen, daß Ihr mir dadurch viele Freude gemacht habt.

Ganz besonders ..................... guten alten Schwestern ................(unleserlich) ........... daß Ihr noch stets bei guter Gesundheit und richtig im Frieden Eure alten Tagen, ohne Kummer der zeitlichen Sorgen, Gott widmen könnt. Wie töricht wäre es, wenn Ihr nicht jetzt diese schöne ruhigen Tage, die Gottes Güte Euch noch gewähret, nicht dazu anwenden würdet, Gott zu dienen und zu retten Eure Seelen.

Ja, teuerster Schwager, teuerste Schwester! Ihr mehr als jede anderen könnet jetzt sehen wie doch alles nur vorübergehend ist; wie eitel ist doch alles Haschen nach Ehren, Geld und Gut, was bleibt von allem für die Ewigkeit? Wie mancher, der sein ganzes Leben hindurch jeden Tag seinen Geist durch andere Torheiten abmattete, zu Euren Alter angelangt, muß endlich doch gestehen, daß nur das Beweinen seiner Torheiten, und Reue über seine Sünden ihm einzig nur seine Seele retten können.

Benutzet diese schönen Tage ruhig dem Gebete zu widmen und lasset die zeitlichen Sorgen Euren Kindern, ziehet vor, Euch mehr mit Euren guten Töchtern Gertraut und Sophia zu unterhalten als mit jenen, welche noch in dieser sterblichen Hülle wandeln. O! Welche Freude wird es ihnen gewähren, wenn sie einen Vater eine Mutter mit einem schweren Kreuze auf den Schultern, im Stillschweigen und Geduld einer Kirche zueilen, um sich mit Gott zu unterhalten, sehen. Wie oft mögen sie vom Himmel herab Euch zurufen, "o, Vater, o, Mutter! betrachtet den schönen Himmer, der Euch erwartet und die Krone, die Ihr durch eine jede Widerwärtigkeit und Leiden erlangen könnet." Suchet Euren Trost nur bei Gott und Maria und wenn Ihr dieses nicht tut, so seid versichert, daß Eure alten Tage für Euch nichts anderes sein werden, als ein verdienstloses Martyrium.

Euch aber, vielgeliebte Kinder, kann ich sagen, daß es mich sehr erfreute, daß die meisten von Euch nun gut versorget sind und dabei nicht vergesset, die Pflichten Eurer Religion zu erfüllen. Ganz besonders bin ich Euch sehr erkenntlich, teuerster Vetter Anton Oßwald und Eurer guten Frau Katharina, für das Schreiben, welches sie an mich richteten. Es freute mich sehr, darin Eure guten Gesinnungen zu sehen und Eure Güte und Liebe, die Sie mir darin bezeugten. Auch werde ich nicht ermangeln, viel für Euch alle zu beten.

Ebenso danke ich auch meiner guten Schwester Wallburga in Ehingen für ihren schönen Brief sowie auch unserer guten Barbara Stiehle in Ehingen, Sophia Grab und ihrer Schwester Gertraut, Mathias Rehm und H. Schreinermeister in Kirchbierlingen. Ja, liebe Schwester Wallburga, es freute mich sehr, daß Du in den Dritten Orden eingetreten bist, zu deren Mitgliedern ich mich zu zählen auch die Ehre habe. Denn der Dritte Ordensstand ist das große Mittel, seine Seele zu retten, ein mächtiger Beistand, den Verstorbenen zu helfen, und nach dem Tode ein kurzer Weg zum Himmel.

Wie sehr würde es mich freuen, wenn ich sehen würde, daß auch noch andere aus unserer zahlreichen Familie Deinem Beispiel folgen würden und sich nicht entschuldigen würden, weder durch das Alter oder Kränklichkeit, denn je mehr sie ja vorangerückt sind an Jahren, oder verloren haben an Gesundheit, sollte es ja ihnen angelegen sein, auch etwas für ihre Seele zu tun. Ja, liebe Schwester, wenn ich zurückblicke in das Vergangene, so sehe ich allerdings, durch welche harte Trübsale Du zu wandeln hattest, aber welch ein Trost ist es auch für mich zu sehen, daß gerade diese Trübsale zum Dritten Ordensstande geführt haben.

Auch Dir, liebe Schwester Kreszenz bin ich auch sehr erkenntlich für Dein Schreiben und meine ... stets für Dich und Deine guten Kinder zu beten, ermangele nicht Deiner guten Tochter Rosina und ihrem Mann und seiner Familie, die ich ja gut kenne, meine heiligsten Grüße zu entrichten.

Ganz besonders danke ich auch Dir, lieber Bruder Mathias und Euch, teuerste Schwägerin Maria, für Eure beiden Briefe. Nur Gott weiß, wie sehr es mich freute, Eure frommen Gefühle zu sehen, und es ging mir tief zu Herzen, daß Eure so gute älteste Tochter Maria eines so schnellen Todes gestorben ist. Ich glaube es wohl, daß dieses für Euch beide ein harter Schlag gewesen sein muß, denn man müßte nicht Vater oder Mutter sein, um so etwas nicht zu fühlen, aber welch ein Trost ist es auch für uns alle, eine so unschuldige Seele in Sicherheit zu sehen, wo wir ja nicht wissen, wie es ihr später ergangen wäre, denn, welches Glück wäre es vielleicht manchem aus uns gewesen, wenn wir in solchen Jahren gestorben wären. Nicht weniger ging mir zu Herzen, daß Ihr beiden so viele Krankheiten durchzumachen hattet, alleine hier dürfen wir nicht vergessen, daß wen der Herr lieb hat, züchtigt er, und daß nur das Kreuz der einzige Weg zum Himmel ist.

Dank auch Dir und Deiner ganzen Familie, lieber Bruder Chrisostomus. Deine beiden Briefe interessierten mich sehr, sowohl der vielen Mitteilungen, die Du mir über die Veränderungen über unsere Familie und Verwandtschaft machtest, als auch der so vielen Beweise Eurer gegenseitigen Liebe. Und wie freute es mich zu sehen, daß das Band gegenseitiger Liebe auch unter Euch noch fortbesteht. Deine Worte in Deinem Briefe, daß die Zahl der Verstorbenen so groß sei, machten mich unwillkürlich zurückdenken an das Vergangene und riefen ganz ernsthafte Gedanken in meinem Herzen hervor. Denn, wie mancher, den ich kannte und mit dem ich lebte, oft jung und stark ist zu meiner Seite gefallen, während dem ich in so vielen Krankheiten und zahlreichen Todesgefahren immer noch das Dasein habe. Wie blind ist doch der Mensch, der alles dieses sieht, und noch sein Herz an Grund und Erde hängen kann.

Auch danke ich meiner guten Schwester Gertraut und ihrem Mann Mathias und werde auch stets für Euch alle beten.

Was nun mich (anbetrifft) anbelangt, so kann ich Euch versichern, daß ich Euch alle in meinem Herzen trage und viel für Euch bete, daß Gott Euch alle das notwendige Licht und Gnade gebe, daß jedes in seinem Stande seine Pflichten erfülle und rette seine Seele. Auch bin ich schon seit langer Zeit ganz gut gesund: nur am 14. November 1875, an welchem Tage ich noch mehrere Briefe schrieb, erkrankte ich und legte mich gegen Abend zu Bette, wo alsdann das Fieber von Stunde zu Stunde bedeutend zunahm, so daß sich schon nach zwei Tagen die Pocken zeigten. Man rief drei der besten Ärzte der Stadt, welche aber erkannten, daß es die schwarze Pockenkrankheit sei, von welcher hier niemand mehr genäße. Nach vier Tagen fing ich schon an, Schwächen zu bekommen, in welchen ich keine Zeichen mehr geben konnte. Alles in unserem Hause und viele fromme Seelen in der Stadt nahmen zum Gebet ihre Zuflucht, um von Maria von der immerwährenden (Hilfe durch....) meine Heilung zu begehren; auch ich machte am 18. November zu ... ihrer .. Ehre .. Versprechen, wo alsdann in derselben Nacht, gerade um Mitternacht um 12 Uhr mich ganz plötzlich das so furchtbare Fieber verließ und alle Pocken im Gesichte und Händen verchwanden, so daß auch keine Spur mehr von ihnen zu finden war, nur alle anderen Teile des Körpers blieben noch schwarz mit Pocken bedeckt; auch behielt ich noch ein leichtes Fieber.

In der darauf folgenden Nacht, nämlich vom 19. auf den 20. November um dieselbe Stunde verschwanden auch auf dieselbe Weise alle Pocken an der Brust und an den Armen und nur blieben noch einige an den Füßen und Rücken zurück. In der dritten Nacht, nämlich vom 20. auf den 21. November, welches das Fest Maria Opferung war, verschwanden auch um dieselbe Stunde und auf dieselbe Weise alle Pocken am ganzen Körper, so daß selbst die Ärzte bei strenger Untersuchung auch keine Spur mehr von Krankheit oder Merkmale von Pocken finden konnten und meine Gesundheit war vollkommen hergestellt, so daß ich aufstehen, essen und arbeiten konnte, ohne mich auch nur zu ermüden oder im geringsten bleiche Gesichtsfarbe zu haben.

Meine vielgeliebtesten Geschwister und Verwandten, ich schreibe Euch dieses, um die Güte und Liebe Mariens zu Ehren und auch Euch ein großes Vertrauen zu einer so guten Mutter einzuflößen. Denn wer hätte sie jemals mit Ernst angerufen und wäre nicht von ihr erhört worden. Ihr verdanke ich nicht nur die Gnade meines Berufes, sondern auch noch nebst so vielen anderen (?) empfundene Gnaden zu wiederholten Malen das Leben und durch sie hoffe ich auch einzugehen in die ewige Seligkeit.

Was wollte ich nicht alles tun, wenn ich wirken könnte, daß auch Ihr eine große Andacht und großes Vertrauen auf sie haben würdet, und machen könnte, daß Ihr auch zu Euren Kindern gleich in der zarten Jugend diese Andacht einflößen möchtet.

Ja, liebe Kinder, Gott weiß, wie sehr ich Euch alle liebe und wie sehr ich daher auch wünsche, Euch alle gerettet zu sehen. Doch wer sollte nicht fürchten, wenn man bedenkt, welche gefahrvolle Zukunft Euch entgegen kommt. Wenn Ihr Euch in Euren Jugendjahren nicht bewaffnet in dem Gebete und einer zärtlichen Andacht zu Maria, so weiß ich nicht, wie es Euch ergehen werde. Und warum haben sich einige unter Euch so verloren, wenn nicht darum, weil sie das Gebet und die besondere Verehrung Mariens unterließen; Ja, nur darum sind sie zu Schmach und Gram ihrer eigenen Eltern geworden, wo hingegen gute Kinder die Stütze, Ehre und Krone ihrer Eltern werden.

Vielgeliebteste Geschwister, ich habe Euch für dieses Mal Euch nichts über die Mission geschrieben, weil in dieser ganzen Zeit der Revolution keine mehr gehalten wurden, nur jetzt fingen unsere Patres wieder an, Missionen zu halten. Auch könnt Ihr über unser Befinden in diesem Lande ganz ruhig sein, denn wenn ich sterben oder sonst etwas mit uns vorfallen sollte .... wir es von hier aus Euch nicht schreiben könnten, würde Euch dieses aus Frankreich mitgeteilt werden. Auch weiß ich nicht, warum Ihr so oft Eure Briefe an mich nach Riobamba adressiert, in dem Ihr doch wißt, daß ich in Cuenca bin, und somit der Brief, nebst dem, daß er dem Hause von Riobamba die Unkosten machte, auch noch einen halben Monat länger auf der Reise sein muß. Denn, vielgeliebteste Geschwister, Ihr müßt wissen, daß Ecuador keinen Postverein mit Europa hat und somit muß alles, was man uns aus Europa schickt, freigemacht sein bis an das Land, aber hier im Lande müssen wir es selbst bezahlen. Wenn im Falle Euch meine Adresse fehlen sollte, so will ich sie unten nochmal hersetzen.

Ich grüße Euch alle vielmal und Euch allen stets dem hl. Herzen Jesu und Maria empfehlend bleibe ich
Euer ergebenster Bruder und Vetter

Johannes Stiehle

 

Meine Adresse ist:
Süd-Amerika Ecuador
Via Hamburg
H. Juan Stiehle
Redentorista en Cuenca

#34 - 14.07.1877
Übersicht
#36 - Brief vom 06.06.1880

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